Weihnachtszeit von Anna Ritter
Seit Jahren hat’s nicht so geschneit!
Das rieselt, rinnt und häuft sich an,
dass man im Lande weit und breit
nicht Weg noch Steg erkennen kann.
Die Stadt sieht wie ein Märchen aus:
Hat jedes Häuschen, jedes Haus
ein Mützchen auf aus weißem Schnee,
das blinkt und blitzt im Sonnenschein,
als wär’s von lauter Edelstein.
Und drinnen gibt’s verschlossene Tüten!
Ein Zimmer, das das ganze Jahr
genau wie andre Zimmer war,
bekommt ein feierlich Gesicht
Oft ist’s zur Dämmerung, als glitten
verstohlne Schritte in und her,
man sieht ein heimlich huschend Licht,
als ob das Christkind drinnen wär!
Verschwiegne Päckchen kommen an,
die rascheln gar so wunderlich,
wenn kleine Finger dran rühren.
Doch Mutter wehrt auf alle Bitten:
„Nicht fragen! ’s ist vom Weihnachtsmann!“
Ein unbestimmter Kuchenduft
liegt wunderlich in der Luft!
Die Kinder schnuppern leis’ herum
und schaun sich an und lachen stumm
und drücken sich am Schlüsselloch
die Näschen platt.
O selge Zeit, wenn Liebe sich im Stillen müht
und nicht genug zu tun weiß’
wenn mitten unter Schnee und Eis
die Blume des Erbarmens blüht,
wenn jubelnd sich die Glocken schwingen
und jedem, der es hören will,
die süße Weihnachtsbotschaft bringen:
„Das Christkind kommt, seid froh und still!“
Anna Ritter, Weihnachtszeit
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