Heiliger Morgen

Heiliger Morgen von Otto Ernst

Von den Tannen träufelt Märchenduft;
Leise Weihnachtsglocken sind erklungen –
Blinkend fährt mein Hammer durch die Luft;
Denn ein Spielzeug zimmr‘ ich meinem Jungen.

Graue Wolken kämpfen fernen Kampf;
Blau darüber strahlt ein harter Himmel.
Durch die Nüstern stößt den weißen Dampf
Vor der Thür des Nachbars breiter Schimmel.

Kommt Herr Doktor Schlapprian daher,
Cigaretten- und Absinthvertilger!
Voll erhabnen Hohnes lächelt er,
Hirn- und lendenlahmer Abwärtspilger.

Spöttisch grüßend schlendert er dahin
Und – verachtet ich, den blöden Gimpel,
Der gefügig spannt den dumpfen Sinn
In die Enge, ein „Familiensimpel.“ –

Rote Sonne überm Schneegefild:
Und das weite Feld ein Sterngewimmel!
Und ins Auge spann ich euer Bild,
Wundererde – unerforschter Himmel.

Und den frischen, kalten, klaren Tag
Saug ich ein mit gierig starken Lungen –
Pfeifend trifft mein Hammer Schlag um Schlag,
Und ein Spielzeug zimmr‘ ich meinem Jungen.

Otto Ernst, Heiliger Morgen

Das Gedicht finden Sie im Buch der Weihnachtsgedichte oder auch hier
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