Christnacht

Christnacht von Wilhelm Müller

Durch die Fenster seh‘ ich’s flimmern,
Grün und Gold und Kerzenschein,
Jauchzend hör‘ ich durch die Laden
Helle Kinderstimmen schrein.

Schmetternde Posaunen schallen
Von dem Kirchenthurm herab:
Lobt den Vater in der Höhe,
Der der Welt das Kindlein gab!

Herz, mein Herz, wie bist so selig?
Herz, mein Herz, und so allein?
Unsre Gaben, unsre Wünsche,
Dürfen wir sie Keinem weihn?

Eine weiß ich wohl zu finden,
Der ich Vieles gönnen mag;
Offen steht mir ihre Pforte,
Und es kennt mich ihr Gemach.

Aber in dem stillen Hause
Brennt kein festlich helles Licht,
Und im schwarzen Wochenkleide
Sitzt sie da und freut sich nicht.

Ach, ihr ist er nicht geboren,
Der in dieser sel’gen Nacht
Freud‘ und Fried‘ und Wohlgefallen
Hat zu uns herabgebracht.

Seine Liebe, seine Leiden
Dringen nicht zu ihr hinein:
Über ihre zarte Seele
Herrschet ein Gesetz von Stein.

Wilhelm Müller, Christnacht

Das Gedicht finden Sie im Buch der Weihnachtsgedichte oder auch hier
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