Weihnachtslied

Weihnachtslied von Erich Mühsam

O Tannenbaum, o Tannenbaum –
sechs Zweiglein sind dein Alles.
So klein und dürr – man sieht dich kaum;
du hast in einem Stiefel Raum.
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
du Sinnbild unsres Dalles!

O Weihnachtsmann, o Weihnachtsmann –
du gehst vorbei ins Weite.
Hast ein zerfetztes Röcklein an,
bringst nichts, was Kinder freuen kann.
O Weihnächtsmann, o Weihnachtsmann,
auch dein Geschäft ist pleite.

O stille Nacht, o heilige Nacht –
in ungeheizter Stube!
Das Christkind hat sich fortgemacht.
Es schläft das Recht, die Feme wacht.
O stille Nacht, o heilige Nacht,
o Wulle und o Kube!

O Friedensfest, o Liebesfest –
in Not und Angst Millionen! ‚
Und wer sich’s nicht gefallen lässt,
den setzt die Republike fest.
O Friedensfest, o Liebesfest –
meim Rumfutsch oder Bohnen.

O Weihnachtszeit, o selige Zeit –
es hungern selbst die Flöhe. –
Doch ob nach Milch der Säugling schreit,
der Stahlhelmbund steht putschbereit. –
O Weihnachtszeit, o selige Zeit –
Hosianna in der Höhe!

Erich Mühsam, Weihnachtslied

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